Hamburg: Tausende Beschäftigte im Warnstreik

13. Februar 2025

Am Donnerstag, den 13. Februar, haben wir gemeinsam mit tausenden Kolleg*innen aus dem öffentlichen Dienst in Hamburg gestreikt. Der Warnstreik war ein kraftvolles Zeichen an die Arbeitgeber: So kann es nicht weitergehen.

Von den Krankenhäusern über die Kitas, die Stadtreinigung, die Hafenbehörde bis hin zum Flughafen – in nahezu allen Bereichen wurde die Arbeit niedergelegt. Wir als ver.di-BSH Betriebsgruppe Hamburg waren mittendrin und haben mit unseren Kolleginnen und Kollegen lautstark für bessere Bedingungen gekämpft.

Trotz Schnee und Kälte kamen am Vormittag über tausend Menschen vor der AHV zusammen, um ihren Protest auf die Straße zu tragen. In der ganzen Stadt waren es tausende Beschäftigte, die sich am Streik beteiligten.

Eindringliche Redebeiträge

Die Stimmung war kämpferisch. „Wenn sie sich nicht bewegen, dann werden wir lauter. Heute ist erst der Anfang“, sagte eine Kollegin aus dem Gesundheitsbereich.

Schon die ersten Redebeiträge zeigten, wie tief der Frust über die Ignoranz der Arbeitgeber sitzt. Lucy, Auszubildende am Deutschen Elektronen-Synchrotron, stellte sich mit ihrem Kollegen Bennett vor die Menge und sprach über die Probleme, mit denen viele Azubis zu kämpfen haben.

„Die steigenden Mieten und Lebenshaltungskosten machen uns zu schaffen. 200 Euro mehr im Monat sind keine Luxussumme – sie sind notwendig, damit wir über die Runden kommen.“

Noch wichtiger als die Vergütung sei aber die Sicherheit, nach der Ausbildung auch im Betrieb bleiben zu können.

„Jedes Jahr erleben wir, wie Azubis in Unsicherheit gehalten werden, weil niemand frühzeitig sagt, ob eine Übernahme kommt oder nicht. Das ist kein fairer Umgang mit uns.“

Auch die Beschäftigten der Stadtreinigung machten ihren Ärger deutlich. Heiko Sturm brachte es auf den Punkt:

„Ich arbeite für diese Stadt, aber kann es mir nicht leisten, hier zu wohnen. Viele finanzieren ihr Leben durch Überstunden. Das kann es nicht sein! Wir arbeiten am Limit, machen jeden Tag Hamburg sauber – aber wenn der Lohn nicht reicht, um in dieser Stadt zu leben, dann läuft etwas schief.“

Im Gesundheitsbereich, wo die Belastung besonders hoch ist, wurde die Situation eindringlich geschildert. Katja aus den Asklepios Kliniken sprach darüber, wie der tägliche Personalmangel zu gefährlichen Situationen führt.

„Jeden Tag rennen wir durch unsere Schichten, ohne Pause, ohne genug Personal. Die Notaufnahme ist überfüllt, wir können nicht alle versorgen, wie es notwendig wäre. Ich habe Kolleginnen, die mit 150 Überstunden rumlaufen und nicht wissen, wann sie sie abbauen sollen. Wir brauchen mehr Kolleginnen und Kollegen, damit wir unsere Arbeit sicher und gut machen können. Und wir brauchen eine Bezahlung, die dem gerecht wird, was wir hier leisten.“

Dass der Druck auf die Beschäftigten in den Kitas enorm ist, machte Marina von den Elbkinder-Kitas deutlich.

„Wir sind längst über unser Limit. Wir finden keine Fachkräfte mehr, weil keiner mehr unter diesen Bedingungen arbeiten will. Aber wir sollen immer weiter einspringen, immer mehr Kinder betreuen, immer mehr Überstunden machen. Das ist nicht mehr tragbar.“

Sie kritisierte auch die Reaktion auf die Forderungen:

„Kaum sagen wir, dass wir mehr freie Tage brauchen, kommen die ersten, die sagen: ‚Das können wir uns nicht leisten.‘ Doch! Es muss möglich sein. Die Arbeitgeber müssen endlich Verantwortung übernehmen. Die schlechten Bedingungen sind nicht unser Problem, sondern ihr Problem!“

Wir lassen uns nicht alles gefallen!

Eine zentrale Rede hielt Ole Borgard, stellvertretender Landesleiter von ver.di Hamburg. Er ließ keinen Zweifel daran, dass es nicht nur um Geld, sondern um Respekt geht. Er betonte in seiner Rede, dass ein funktionierender öffentlicher Dienst essenziell für die Demokratie ist. Wenn Verwaltungen, Krankenhäuser oder Kitas nicht mehr richtig arbeiten können, weil Fachkräfte fehlen und die Arbeitsbedingungen untragbar sind, dann wächst die Unzufriedenheit in der Gesellschaft. Menschen fühlen sich nicht mehr ernst genommen, wenn Wartezeiten immer länger werden, Betreuungsangebote wegbrechen oder die Versorgung leidet. „Das ist nicht eure Schuld, Kolleg*innen“, stellte er klar. Vielmehr seien es politische Versäumnisse, die dazu führten, dass der öffentliche Dienst ausgehöhlt werde. Doch ein schwacher öffentlicher Dienst spiele letztlich denen in die Hände, die an der Demokratie rütteln wollen. Um das zu verhindern, müsse in bessere Arbeitsbedingungen, höhere Löhne und zusätzliche freie Tage investiert werden. Die vielen Streikbewegungen der letzten Jahre zeigen, dass sich die Beschäftigten das nicht mehr gefallen lassen. „Wir lassen uns nicht mehr alles gefallen“, so Ole Borgard.

„Wir hören von den Arbeitgebern, dass wir den öffentlichen Dienst schlechtreden. Das Gegenteil ist der Fall. Wir kämpfen dafür, dass er besser wird. Denn wenn wir nicht mehr können, dann stehen die Bürgerinnen und Bürger am Ende vor verschlossenen Türen.“

Er erinnerte daran, dass die erste Verhandlungsrunde in Potsdam mit einer klaren Absage der Arbeitgeberseite endete. Er machte auch klar, dass sich die Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst direkt auf die Gesellschaft auswirken.

„Wenn in den Krankenhäusern niemand mehr bleibt, dann geht es um die Versorgung. Wenn die Kita-Gruppen immer größer werden, dann leiden die Kinder. Wenn es in den Behörden keine Fachkräfte mehr gibt, dann werden die Wartezeiten immer länger. Und wenn in der Stadtreinigung gespart wird, dann wird diese Stadt im Müll versinken.“

Ole stellte die Frage, warum immer behauptet werde, dass kein Geld da sei.

„Für große Unternehmen gibt es immer Lösungen. Aber wenn wir bessere Löhne wollen, dann heißt es, der öffentliche Dienst könne sich das nicht leisten. Das ist eine Lüge. Und wir lassen uns nicht länger belügen!“

Besonders deutlich wurde seine Botschaft, als er auf den Fachkräftemangel einging.

„Über 100.000 Stellen sind in den Kommunen unbesetzt. In zehn Jahren fehlen über 500.000 Beschäftigte. Die Arbeitgeber jammern über den Mangel, aber weigern sich, die Bedingungen so zu verbessern, dass Menschen in diesen Berufen bleiben wollen. Das ist doch absurd.“

Seine Rede endete mit einer klaren Ansage:

„Das ist erst der Anfang. Die nächste Verhandlungsrunde steht an. Wir erwarten ein Angebot, das unserer Arbeit gerecht wird. Und wenn es nicht kommt, dann sehen wir uns wieder. Noch lauter, noch entschlossener.“

Ein weiteres Zeichen setzten die Beschäftigten der Stadtreinigung, die nicht nur für einen Tag, sondern für vier Tage die Arbeit niederlegen. Bis Sonntag wird keine Müllabfuhr und keine Straßenreinigung stattfinden. Neun Recyclinghöfe bleiben geschlossen.

In der Abschlusskundgebung wurde noch einmal betont, dass dieser Warnstreik erst der Auftakt war. Eine Kollegin brachte es am Mikrofon auf den Punkt:

„Ohne uns steht alles still. Und wenn sie es darauf ankommen lassen, dann zeigen wir ihnen, wie das aussieht.“

Die Arbeitgeber haben sich bisher keinen Millimeter bewegt. Doch wir bleiben dran. Der öffentliche Dienst verdient mehr – und wir werden nicht aufhören, bis wir das durchgesetzt haben.

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