Tarifeinigung im öffentlichen Dienst

23. April 2023

Das sieht die Einigung vor:
1. Steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichszahlung in Höhe von 3.000 Euro.
2. Tabellenwirksame Erhöhung der Einkommen um einen Sockelbetrag von 200 Euro plus 5,5 Prozent ab 1. März 2024. Dies bedeutet eine nachhaltige Steigerung der Einkommen um über 11 Prozent für die allermeisten, in der Spitze bis zu 16,9 Prozent.
3. Die Regelung für die Azubi-Übernahme nach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung wird wieder in Kraft gesetzt.

Mit dem Kompromiss ist ver.di mit Blick auf die Laufzeit von 24 Monate und dem fehlenden Mindestbetrag an die Schmerzgrenze gegangen.

Jetzt seid Ihr dran: Diskutiert die Einigung und beteiligt Euch ab 5. Mai an der Mitgliederbefragung!

Anmerkungen und Erläuterungen

Zurück von den Tarifverhandlungen aus Potsdam möchte unsere Kollegin Heike Schlesinger hiermit noch einige Informationen zum Verhandlungsverlauf und der Tarifeinigung weitergeben, da die Medien nicht immer alles eindeutig und vollumfänglich darstellen. Nicht erschrecken, der Text ist etwas länger geworden, aber hoffentlich trotzdem interessant.

Da die Arbeitgeber auch in der Schlichtung einen Mindestbetrag vehement abgelehnt haben, konnte zumindest, auch durch den massiven Druck der Warnstreiks und vielen daran Teilnehmenden erreicht werden, dass die Schlichtungsempfehlung mit einer Sockelvariante von 200 € und darauf zeitgleich dann noch 5,5% eine deutliche soziale Komponente enthielt. Vielen Dank allen, die sich dafür mit eingesetzt haben.

Gestern Vormittag hat die Verhandlungskommission von ver.di einen umfangreichen Austausch über die Rückmeldungen der Mitglieder zur Schlichtungsempfehlung aus allen Bereichen vorgenommen. Auch wenn nicht alle damit zufrieden waren führten die Gespräche der letzten Woche doch bei einem großen Teil der Mitglieder dazu, dass die Schlichtungsempfehlung als eine akzeptable Basis für eine weitere Verhandlungsrunde bewertet wurde. Ein ausreichend großes Votum für eine Ablehnung wurde nicht gesehen. Somit hat die Verhandlungskommission beschlossen, die Verhandlungen wieder aufzunehmen. Bedingung war allerdings, dass es zu keiner Verschlechterung der Schlichtungsempfehlung kommen durfte. Außerdem gab es noch Themen, die in der Schlichtung nicht behandelt wurden wie die Altersteilzeit, die Übernahme der Azubis, die Behandlung der Teilzeitbeschäftigen und Azubis bei der Auszahlung der Inflationsausgleichsprämie und auch die Übernahme des Ergebnisses ohne Verzögerung für besondere Bereiche wie Sparkassen, Flughäfen und Nahverkehr. Hier sollte unsere Verhandlungsführung noch versuchen, etwas zu erreichen.

Diese Verhandlungen zogen sich dann bis in den späten Abend.

Die tabellarisch nachhaltige Entgelterhöhung tritt am 01. März 2024 in Kraft und wirkt dann natürlich für weitere Tarifrunden fort. Mit der durchschnittlichen Tabellenerhöhung von 11,5 % auf 2 Jahre haben wir bei der Laufzeit zwar nachgegeben, aber z.B. eine bessere Einigung, auch unter Berücksichtigung der Laufzeit, erreicht als die IG Metall und eine der höchsten Steigerungen im öffentlichen Dienst, die es jemals gab. Auch die Erschwerniszuschläge, die ja für einen Teil unserer Beschäftigten von Bedeutung sind, steigen dann entsprechend.

Die Tabellen ab 1. März 2024, Flugblätter und weiter Infos können unter folgendem Link eingesehen werden: https://zusammen-geht-mehr.verdi.de

Die Arbeitgeber waren nicht bereit die, 3000 € Inflationsausgleichsprämie ohne eine Berücksichtigung im Tarifabschluss und OnTop auszuzahlen, so dass wir auf dieses Geld für die Beschäftigten bei einer deutlich niedrigeren Tabellenerhöhung nicht verzichten konnten, da dies auch für viele Kolleginnen und Kollegen richtig viel Geld ist, dass teilweise schon in Kürze netto ausgezahlt wird.

Dazu folgende Anmerkungen: Der erste Teil der Prämie in Höhe von 1240 € wird bereits mit dem Junigehalt ausgezahlt. Die Fristen und die Mitgliederbefragung sehen so aus, dass das klappen sollte. Hierzu gibt es einen extra Tarifvertrag. Dieses Geld erhalten die Beschäftigten, deren Arbeitsverhältnis am 01. Mai bestand und die an mindestens einem Tag zwischen dem 1. Januar und dem 31. Mai 2023 Anspruch auf Entgelt hatten. Hierzu gehören auch diejenigen, die sich in der Entgeltfortzahlung befinden oder einen Anspruch auf Krankengeldzuschuss haben, auch wenn dieser wegen der Höhe der Barleistungen der Krankenkassen nicht bezahlt wird. Leider keinen Anspruch haben diejenigen, die sich in der ganzen Zeit im Erziehungsurlaub oder sonstigen Beurlaubungen befinden. Wir haben versucht, das zu erreichen, aber da sind wir bei den Arbeitgebern auf Beton gestoßen genauso wie bei der bis zuletzt aufrecht erhaltenen Forderung, dass auch die Azubis und Teilzeitbeschäftigten den vollen Betrag erhalten. Die Azubis erhalten die Prämie zur Hälfte, die Teilzeitbeschäftigten anteilig. Die Beschäftigten, die sich im Blockmodell in der Altersteilzeit befinden erhalten sowohl in der aktiven als auch in der passiven Phase 50 %  der Prämie.

Diese Punkte gelten auch für die dann folgenden monatlichen Auszahlungen der Prämien in Höhe von 220 € von Juli 2023 bis März 2024. Bedingung ist, dass an mindestens einem Tag im Bezugsmonat Anspruch auf Entgelt bestand.

Die Forderungen der Arbeitgeber, in bestimmten Bereichen Verschlechterungen vorzunehmen und die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes je nach Branche zu spalten sind nicht gelungen. Alle erhalten die Ergebnisse in gleichem Maße.

Leider waren die Arbeitgeber nicht bereit, die Altersteilzeitregelungen zu verlängern. Hier war der Bund knallhart. Die Kommunen hätten dies nur mit Verlusten für alle Beschäftigten in Form von Leermonaten gemacht. Dazu waren wir nicht bereit. Das hätte bedeutet, dass 97,5 % der Beschäftigten für 2,5 % der Beschäftigten Verschlechterungen in Kauf hätten nehmen müssen. Der Tarifvertrag zur Altersteilzeit ist damit am 31.12.2022 ausgelaufen.

Gelungen ist dagegen, die Regelungen zur Übernahme der Auszubildenden bis 31.12.2024 zu verlängern.

Ministerin Faeser hat angekündigt, das Ergebnis auf die Beamtinnen und Beamten zu übertragen. In welcher Form (Sockel?Prozente?) hat sie noch nicht gesagt.

Zum Abschluss ein Zitat unseres stellvertretenden Landesbezirksleiters Ole Borgard:

„Das jetzt erzielte Ergebnis ist dem Druck aus den Betrieben und Dienststellen zu verdanken. Die Maxime ‚zuerst so viel Netto wie möglich und dann dauerhaft so viel auf die Tabelle wie möglich‘ ist die Grundstruktur dieses Kompromisses. Die kommunale Arbeitgeberseite hat über den gesamten Verhandlungszeitraum ein desaströses Bild abgeliefert und bis zuletzt weitere Verschlechterungen für die Beschäftigten gefordert, zum Beispiel im Bereich der Sparkassen und Krankenhäuser. Ich bin froh, dass wir das mit unseren Streiks abwehren konnten. Jetzt entscheiden unsere Mitglieder.“

Dem kann ich mich nur anschließen. Vom 04. – 12. Mai werden nun die ver.di-Mitglieder online zur Einigung befragt. Am 15. Mai entscheidet die Bundestarifkommission von ver.di endgültig über die Einigung.

Da wir auch für die zukünftigen Herausforderungen gut gerüstet sein müssen würde ich mich freuen, wenn sich diejenigen, die noch nicht ver.di-Mitglied sind, dazu entscheiden könnten, einen Teil ihres, durch die Kolleginnen und Kollegen hart erkämpften zusätzlichen Entgeltes, solidarisch in eine Mitgliedschaft bei ver.di zu investieren.

Ein allerletzter Hinweis: Am 1. Mai ist der Tag der Arbeit und die Tarifverhandlungen haben mal wieder gezeigt, wie wichtig Gewerkschaften in Deutschland sind. Viele kämpfen noch um bessere Bedingungen. Wer sich also am 1. Mai mit uns auf der Straße zeigen möchte, ist herzlich eingeladen. Alle Aktivitäten in Hamburg sind unter folgendem Link einzusehen: https://hamburg.verdi.de/tag-der-arbeit-2023

Viele solidarische Grüße
Heike Schlesinger

Stimmen aus der BTK

Wie stehen die Mitglieder der Bundestarifkommission zur Tarifeinigung? ver.di hat nachgefragt:

Heike Schlesinger, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie Hamburg
Vermessungsingeneurin
Freisgestellte Vorsitzende des Gesamtpersonalrates

Hier findest du alle Videos: verdi – Stimmen aus der BTK zur Tarifeinigung

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