0,5 % in 2025 – ihre „Anerkennung“ für eure Arbeit!

19. März 2025

Nachdem die Arbeitgeber bereits zwei Verhandlungsrunden ungenutzt verstreichen ließen, haben sie die dritte Verhandlungsrunde abgebrochen und die Schlichtung angerufen. Dieses Verhalten ist für uns inakzeptabel, denn es zeigt einmal mehr die Geringschätzung gegenüber denjenigen, die den öffentlichen Dienst am Laufen halten.

Nach dem gescheiterten Tarifabschluss folgt die immer gleiche Kritik: Die Gewerkschaft sei schuld, weil sie überzogene Forderungen stelle. Doch das entspricht nicht der Realität. Ja, wir sind mit einem anspruchsvollen Forderungspaket in die Verhandlungen gegangen. Aber andere Tarifabschlüsse, etwa bei der Deutschen Post, zeigen: Wir sind zu Kompromissen bereit. Wir haben zunächst in zähen Runden mit den Arbeitgebern versucht, einer Einigung näher zu kommen. Dies sei aber offenbar nicht gewollt gewesen.

„Ich bedaure sehr, dass sich Bund und Kommunen in die Schlichtung flüchten. Wir waren für eine Lösung bereit – unsere Verhandlungspartner ganz offenbar nicht.“

Frank Werneke

Vorsitzender der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft, ver.di

Ein unzureichendes Angebot

Die Arbeitgeber haben eine Entgelderhöhung von 5,5 Prozent angeboten – jedoch verteilt auf drei Jahre. Konkret hätte dies bedeutet: 2 Prozent ab Oktober 2025 (also 0,5 Prozent für das aktuelle Jahr), weitere 2 Prozent ab Juli 2026 und schließlich 1,5 Prozent ab Juli 2027. Diese gestaffelte Erhöhung hätte für die Beschäftigten einen Reallohnverlust zur Folge, da sie unter der Inflationsrate bleibt und erst spät wirksam wird.

Keine soziale Komponente!

Ein zentraler Punkt unserer Forderungen war eine soziale Komponente – ein Sockelbetrag, der insbesondere den unteren Entgeltgruppen zugutekommen würde. Doch genau das wurde kategorisch abgelehnt. Ohne diesen Sockelbetrag werden die Lohnunterschiede weiter zementiert, und die Beschäftigten mit den niedrigsten Einkommen bleiben erneut auf der Strecke. In einer Zeit steigender Preise und zunehmender finanzieller Belastung, insbesondere in Hamburg, ist diese Verweigerungshaltung der Arbeitgeber schlicht nicht akzeptabel.

Benachteiligung der unteren Entgeltgruppen

Während es zunächst hieß, die Sonderzahlung solle für alle auf 90 Prozent steigen, wurde dies später für die Kommunen auf 85 Prozent reduziert. Besonders profitieren Beschäftigte, die bisher nur 60 Prozent Sonderzahlung erhalten haben: Ihre Sonderzahlung steigt deutlich an, und sie können daraus zusätzlich bis zu fünf freie Tage finanzieren.

Die unteren Entgeltgruppen, die bereits 90 Prozent Sonderzahlung erhalten, haben diese Möglichkeit nicht. Wenn sie fünf freie Tage wollen, müssen sie dafür einen erheblichen Teil ihrer Sonderzahlung opfern, weil sie keinen zusätzlichen Aufschlag bekommen. Das bedeutet: Während Beschäftigte in den oberen Entgeltgruppen von der neuen Regelung deutlich profitieren, müssen diejenigen mit ohnehin niedrigeren Gehältern für die gleichen freien Tage tief in die Tasche greifen. Auch hier zeigt sich: Die Arbeitgeber haben keinerlei Verständnis für die Realität der Beschäftigten in den unteren Entgeltgruppen.

Missachtung der Rechtsprechung

Ein weiterer Skandal ist die Haltung der Arbeitgeber gegenüber Teilzeitbeschäftigten. Trotz klarer EuGH-Urteile, die eine faire Behandlung von Überstunden für Teilzeitkräfte vorschreiben, weigern sich die Arbeitgeber, diese Rechtsprechung anzuerkennen. Sie halten an veralteten und ungerechten Regelungen fest, die Teilzeitkräfte benachteiligen und ihnen die volle Anerkennung ihrer Mehrarbeit verwehren. Statt eine gerechte Lösung zu finden, spielen die Arbeitgeber auf Zeit und fordern die Beschäftigten offen dazu auf, ihre Rechte einzuklagen. Das ist eine Zumutung und zeigt, wie wenig Respekt sie für die Bedürfnisse und Rechte der Beschäftigten haben.

Ost-West-Angleichung beim Kündigungsschutz? Abgelehnt!

Besonders schockierend ist die Ablehnung einer längst überfälligen Ost-West-Angleichung beim Kündigungsschutz. Die kommunalen Arbeitgeber haben sich mit aller Härte dagegen gestellt und deutlich gemacht, dass sie weiterhin an einer Zweiklassengesellschaft im öffentlichen Dienst festhalten wollen. Ein Kollege brachte es treffend auf den Punkt:

„Ich bin in Potsdam geboren und arbeite in Leipzig – bin ich etwa ein Mensch zweiter Klasse?“

Diese Haltung ist nicht nur ungerecht, sondern auch ein fatales Signal an die Beschäftigten in den östlichen Bundesländern. Während in öffentlichen Statements stets von Einheit und Wertschätzung gesprochen wird, zeigt sich in den Verhandlungen das genaue Gegenteil: Hier wird bewusst eine Ungleichbehandlung aufrechterhalten. Das ist schlichtweg nicht hinnehmbar!

Arbeitszeit und Personalnotstand

Die Arbeitgeber lehnen jegliche Reduzierung des Arbeitszeitvolumens ab. Forderungen nach zusätzlichen freien Tagen oder einer flexibleren Arbeitszeitgestaltung wurden konsequent abgelehnt. Besonders in systemrelevanten Bereichen wie Krankenhäusern oder der Pflege führt das zu massiver Belastung der Beschäftigten. Die Blockadehaltung der Arbeitgeber verschärft den ohnehin bestehenden Personalnotstand weiter, statt Lösungen zu finden. Noch perfider ist, dass sie gleichzeitig die Beschäftigten pauschal verdächtigen, sich Überstunden und Mehrarbeit „zu erschleichen“. Diese Unterstellung ist eine bodenlose Frechheit gegenüber denjenigen, die täglich über ihre Belastungsgrenzen hinaus arbeiten, um das öffentliche Leben aufrechtzuerhalten. Statt Lösungen für den Personalmangel anzubieten, greifen die Arbeitgeber lieber zu Vorwürfen, um von ihrer eigenen Verantwortung abzulenken.

Schlichtung: jetzt gilt die Friedenspflicht

Mit der Einleitung der Schlichtung gilt ab sofort die Friedenspflicht. Das bedeutet, dass bis zum Abschluss der Schlichtungsverhandlungen keine weiteren Streiks möglich sind – ein klarer taktischer Vorteil für die Arbeitgeber. Die Schlichtungskommission besteht aus je zwölf Vertreter:innen der Arbeitgeber- und Gewerkschaftsseite. Den Vorsitz übernimmt Roland Koch (CDU), der von den Arbeitgebern benannt wurde. Sollte es zu einer Pattsituation kommen, könnte er mit seiner Stimme die Entscheidung maßgeblich beeinflussen.

„Für das Scheitern tragen die Arbeitgeber die volle Verantwortung. Runde um Runde kamen die gleichen Argumente. Und praktisch nichts für den Nachwuchs. Auf uns kommt jetzt Arbeit zu, aber wir sind bereit und werden weiter Druck machen.“

Franziska Aurich

Mitglied der Bundestarifkommission für die Jugend, Charité Berlin

Die Schlichter haben maximal eine Woche Zeit, um eine Einigungsempfehlung zu formulieren, die dann den Tarifparteien vorgelegt wird. Diese Empfehlung ist jedoch nicht bindend. Anschließend müssen die Verhandlungen innerhalb von drei Tagen wieder aufgenommen werden. Sollte auch dann keine Einigung erzielt werden, ist der Weg für eine Urabstimmung und mögliche unbefristete Streiks frei.

Wie geht es weiter?

Sollte die Schlichtung keine Einigung bringen oder ein unzureichendes Ergebnis vorschlagen, stehen wir vor einer möglichen Urabstimmung über unbefristete Streiks. Das wäre eine Eskalation, aber eine, die die Arbeitgeber durch ihr Verhalten selbst provozieren. Wir sind bereit, für eine gerechte Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen zu kämpfen – und das notfalls mit harten Arbeitskampfmaßnahmen.

Wir rufen alle Mitglieder auf: Bleibt informiert, beteiligt euch aktiv und seid bereit für den nächsten Schritt. Die kommenden Wochen sind entscheidend für die Zukunft des öffentlichen Dienstes. Jetzt ist der Moment, zusammenzustehen und für unsere Rechte zu kämpfen! ✊

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